Dieses Archiv ist dazu gedacht elternlose, in Materie gebannte Geschichte zu bemerken, zu erhalten und zum Leben zu erwecken.
Es werden regelmäßig Exponate und Filmmaterial für Ausstellungen, Kunst- und Forschungsprojekte eingesetzt oder zur Verfügung stellt.
Meine Amateurfilm Sammlung begann mit ein paar Filmrollen, die ich am Dachboden meines verstorbenen Großvaters fand. Ich fand seine Drehbücher, seine Studien, seine Kameras, Gerätschaften zum Sichten, Schneiden und für Tonaufnahmen. Bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich nichts vom Filmschaffen meines Großvaters. Er war im Grunde ein klassicher "Amateurfilmer", der als angesehener Professor an der Universität die Lehrfilme für seine Studenten selber drehte und zuhause im Schlafzimmer schnitt und mit Zwischentitel versah. Die Filme sind alles andere als dilettantisch, ganz im Gegenteil. Doch solche Filme fallen offiziell in die Kategorie "Amateurfilm".
Später hatte ich das Glück in der technischen Abteilung des Filmarchiv Austria einen Arbeitsplatz zu finden und Teil eines groß angelegten Projektes zur Rettung und Archivierung österreichischen Amateurfilmerbes zu sein. Die Mannigfaltigkeit der Amateurfilme, die ich bei der Digitalisierung und Restaurierung zu sehen bekam und bekomme ermöglicht ungeahnte Einblicke in das Leben unserer Vorfahren. Diese Tätigkeit hat mich inspiriert meine Forschung im privaten Rahmen und auch im Kontext mit meinen anderen Interessensgebieten (zB Archiv der Untarhaltung und des Wissens) weiterzuführen und meine eigene Sammlung auszubauen.
"Amateur" ist heutzutage ein anderes Wort für Dilettant, tendenziell ein Ausdruck von Geringschätzung. Seinerzeit war ein Amateur jemand, der eine Tätigkeit nicht beruflich, aber aus Leidenschaft und ohne komerzielle Hintergedanken, ausübte. Teil eines Amateur(film)-Klubs zu sein war ein Zeichen für ernsthaftes Interesse am Erlernen technischer Perfektion, vielleicht auch als Sprachrohr, um eigene Themen vermitteln zu können. Die Werke der Amateure aus allen Bereichen der Kunst und des Handwerks sind aus genau diesem Grund ausgesprochen ehrlich, meist liebevollst gestaltet und manchmal auch so provokant, wie es sich ein Profi nicht erlauben könnte.
Was im ersten Augenblick uninteressant oder sogar lächerlich erscheinen mag, birgt beim genaueren Hinsehen ungesehene Hinweise über unsere Herkunft und Identität. Die Geschichtsbücher erzählen eine Geschichte, die komprimiert und mit Wichtigkeitsgraden versehen ist. Jemand hat entschieden, was fett gedruckt und was nur nebenbei erwähnt wird. Jemand hat geforscht, seine Schlüsse gezogen und die gewonnen Erkenntnisse so umsichtig als möglich zu Papier gebracht. Auch Biographien und Erzählungen von Zeitzeugen sind klarerweise bis zu einem gewissen Grad schon eine subjektive Auslese.
Die bewegten Bilder sind unverfälscht und uninterpretiert. Sie zeigen den Alltag in all ihrer Nacktheit. Die Erzählungen der Amateure und Liebhaber, die in vertrauter Umgebung und mit liebevoller Hingabe auf wertvollen Schmalfilm gebannt wurden, erzählen einen ganz anderen Aspekt der Geschichte. Das Privatleben, Familiengeschichte, die Interessen vor und hinter der Kamera, die Erlebnisse, die wichtig und filmenswert erschienen. Sie erzählen von der Seele der Gesellschaft, die abseits von den gut dokumentierten politischen und kulturellen Highlights, ein eigenes Leben führte. Man könnte sagen, die Erforschung des Amateurfilms schreibt bzw zeigt die Geschichte neu.